#netteshattingen

Wollt ihr was über Hattingens Torheiten wissen? -Teil 2-

Hallo zusammen,

erinnert ihr euch – wir hatten mit euch einen Rundgang zu den Hattinger Stadttoren gemacht und euch dabei Hegger- und Steinhagentor vorgestellt. Jetzt geht es weiter mit dem Holschentor.

In der Geschichte war das Tor nur ein Nebentor, ausschließlich im Sommer geöffnet und 1590 in Bruchstein errichtet. Der Name soll nach der Überlieferung von den Holzschuhen, den „Holschen“, der Bauern gekommen sein. Wenn die Bauern aus dem Umland zur Stadt kamen, führte sie ihr Weg über Feldwege. Mit ihren lehmverschmierten Schuhen sollten sie indes nicht das schöne Städtchen, quasi die gute Stube, verschmutzen und deshalb mussten sie vor dem Tor in die Stadt ihre Schuhe ausziehen. Diese standen dann in großer Zahl vor dem Holschentor. Historisch zutreffender, aber nicht so fantasievoll und hübsch, ist die Erklärung, der Name des Stadttores habe seinen Ursprung im Hof Holschen, der früher vor diesem Stadttor lag.

Heute wird das Holschentor durch das Kunstwerk von Urs Dickerhoff nachgebildet. Der Schweizer Künstler, der entscheidend von der Pop-Art geprägt wird, schuf eine sehr heitere, menschliche Arbeit. Seine Werke zur Pop-Art richteten sich dabei vor allem auf Tendenzen des Westcoast-Pop.

Dickerhofs Interesse galt den Stars der modernen Industrie- und Unterhaltungsgesellschaft, deren stereotypes Erscheinungsbild von ihm in schablonenhafte Flächen zergliedert und danach wie ein Puzzle neu zusammengesetzt wird. So wird der Held entmystifiziert.

(Holschentor)

Der Besucher in Hattingen betritt die Altstadt durch das Holschentor heute flankiert von Engeln, Menschen und Tieren. Das fünfteilige Figurenensemble bestehen aus verzinktem Stahl und stecken voller Symbolik. Walter Ollenik, damals Kulturbeauftragter der Stadt Hattingen, war Mitinitiator des Projektes – gemeinsam mit dem Künstler und Kunstprofessor Bernhard Matthes und Peter Spielmann vom Museum Bochum. Im Mai 2010 – im Kulturhauptstadtjahr – wurde das Kunstwerk eingeweiht. Es trägt den Namen „engel ante portas“ – Engel erstürmen die Stadt, sogar über die Mauer. Die Idee dahinter: Noch nicht einmal Engel lassen sich aufhalten, wenn es darum geht, die Stadt Hattingen zu besuchen und in der Schönheit der Altstadt zu verschwinden. Also schwingen sie sich kurzerhand mit Sack und Pack über die Stadtmauer. Allerdings sind diese Engel keine weißen und blondgelockten Gebilde. Sie sind nicht niedlich, aber heiter und verspielt. Das Material erscheint bei verschiedenen Lichtverhältnissen in unterschiedlichen Oberflächen. Finanziert wurde das 45.000 Euro teure Kunstwerk erneut von der Stiftung für Kunst, Kultur und Denkmalpflege der Sparkasse.

Natürlich – auch bei diesen himmlischen Boten, die die Stadtmauer erklimmen, gab es die Diskussion um die Kunst im öffentlichen Raum. Selbstverständlich ging es dabei auch um die Finanzen – aha, da hängen die Gelder, die sonst für die Reparatur der Straßen genutzt wurden! Das aber ist nicht richtig, denn die Stadt Hattingen hat die Kunstwerke nicht bezahlen müssen. Doch so mancher Bewohner Hattingens konnte sich auch ziemlich gut mit dem Projekt anfreunden und bot dem Künstler sogar die Materiallagerung an. Um die Engel tatsächlich ordnungsgemäß landen zu lassen, musste die Stadtmauer mit einer speziellen Halterung verstärkt werden, damit die Engel nicht beizeiten einen Abflug hinlegten.

Engel spielen übrigens in vielen Kulturen eine besondere Rolle. Sie gelten als Tröster und Mahner. Und vor allem als Helfer – man denke nur an die „gelben Engel“, eine sprachliche Symbolik für den ADAC. Und wer in seinem Alltag durch das Holschentor geht und dabei an Schutzengel glaubt, der hat ja beim zufälligen Blick auf die Stadtmauer auch gerade welche gesehen.

Und weil 2010 ja das Kulturhauptstadtjahr war, gab es auch gleich noch das vierte Stadttor. Historisch ist es das Bruchtor, künstlerisch nennen es alle das „Morandini-Tor“ oder – korrekt – „La porta aperta“. Bereits im Juni 2008 reichte die Hattinger Stadtverwaltung die Arbeit „La porta aperta“ des italienischen Künstlers Marcello Morandini für das Bruchtor als eines der Hattinger Projekte für den Landeswettbewerb „Standort Innenstadt. NRW“ ein.

Mit Erfolg. Knapp über 100.000 Euro kamen vom Land NRW, weitere 20.000 Euro kamen aus dem Topf der Kulturhauptstadt-Projekte  RUHR. 2010. Damit rückte nach erbitterter Diskussion um die Kosten das geplante Projekt in greifbare Nähe. Noch 2009 hatte der Kulturausschuss eine Finanzierung des Kunstwerkes in Gesamthöhe von etwa 160.000  Euro auf der Basis eines Fördersatzes von 70 Prozent abgelehnt. Weitere Finanzierungslücken wurden mit 15.000 Euro vom damaligen Verkehrsverein und privater Sponsoren geschlossen. Die Finanzierung war geglückt.

Diskussionen gab es aber auch um den Standort, denn die kleine Grünanlage am ehemaligen historischen Bruchtor an der Langenberger Straße/Ecke Martin-Luther-Straße als Standort wurde zwischenzeitlich wieder verworfen. Noch in der Planungsphase wurde erwogen, das Stadttor von Marcello Morandini auf dem neu geschaffenen Platz des Reschop Carrés zu errichten, um dort für eine zusätzliche Belebung zu sorgen. Das Center war 2009 gebaut worden.

(Bruchtor – „Morandini Tor“)

Aber: Das Centermanagement sprach sich gegen die Errichtung des Kunstwerkes auf dem privaten Platz aus. Der Platz erschien den Verantwortlichen zu eng und für mögliche Veranstaltungen ungeeignet. Auch der Künstler selbst war gegen den Standort und so wurde der ursprünglich vorgesehene Standort unmittelbar am historischen Bruchtor schließlich doch noch gewählt. Auch die gute Sichtbarkeit des Tores sprach für diese Stelle – und so konnte das Kunstwerk am 7. Dezember 2010 eingeweiht werden.

Das schwarz-weiß und mächtig erscheinende Objekt des renommierten italienischen Künstlers Marcello Morandini wurde übrigens in seinem Beisein – er kam dafür eigens aus Italien angereist – offiziell den Hattingern übergeben. Es ist sechs mal sechs Meter groß und aus allen Blickwinkeln deutlich sichtbar. Schwarzer afrikanischer Granit wechselt mit weißem italienischen Marmor. Ein Dialog in „Schwarz und Weiß“

Seit 2021 ist das Tor bei Dunkelheit auch beleuchtet und hat sich mittlerweile einen festen Platz in der Liste der Hattinger Sehenswürdigkeiten erobert.

Sehen Sie übrigens alles auf dem Stadtrundgang – gerne auch in der Offenen Stadtführung jeden Samstag um 15 Uhr, Treffpunkt Altes Rathaus. Oder sie schauen mal bei Hattingen Marketing vorbei – die Tourist Info bietet verschiedene Broschüren, auch zu den Hattinger Torheiten.

 

 

Wer mitgezählt hat, der weiß: ein Tor fehlt noch. Richtig, das Weiltor – aber darüber erzählen wir im nächsten Blog.

Bleibt gesund und munter,

eure Sandra und Anja.

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